0m Blog feiert

25. September 2020

Vor genau einem Jahr, am 25. September 2019 ging dieser Blog online,

mit dem ich versuchen wollte (und immer noch will), der Meterspur 1:45 nach deutschen und österreichischen Vorbildern zu gleicher Bedeutung und gleichem Ansehen zu verhelfen, wie die Spur 0m nach Schweizerischen Vorbildern (Rhätische Bahn etc.) sie hat. Was der hiesigen 0m-Variante fehlt , ist in erster Linie Vorbild- und Spurweitentreue: Kein Schweizer Modellbahner käme auf die Idee, die 75cm-spurige Waldenburgerbahn auf 0m-Gleise zu setzen oder gar die Rhätische Bahn auf 16,5mm-Gleise. Schlicht nicht denkbar. Hierzulande schon, und nicht nur ausnahmsweise, was der 0 Schmalspur generell den Ruf der Beliebigkeit eingetragen hat.

Dazu eine Anekdote aus dem richtigen Leben:

Als ich noch meine BAE II-Anlage in Bremen hatte, weilte ein szenebekannter Spur-0-Händler aus Anlass der Euromodell-Messe in der Hansestadt und besuchte mich. Von meinem Büro aus ging es zwei Stufen hinab in den 35qm großen Anlagenraum, und von der obersten Stufe konnte man fast die ganze Anlage wunderbar überblicken. Da stand nun dieser gestrenge Spur-0-Händler, und sein Gesicht verzog sich zu einem milden, nachsichtigen Lächeln. „JA!“, sagte er mit tiefem Verständnis in der Stimme und machte aus seiner Meinung keinen Hehl, „bei Schmalspur geht alles.“

0m im Jahre 2002: Zugkreuzung im Bf Schluft der BAE II von oben gesehen

In den 30 Sekunden konnte er kaum festgestellt haben, ob meine 0m Anlage maßstabs- und vorbildrein war (sie war es soweit das seinerzeit erreichbar war). Aber er brauchte gar nicht zu schauen, sein toleranter Satz drückte ja nur sein festsitzendes Vorurteil aus, dass 0 Schmalspur irgendwas nicht Ernstzunehmendes ist.

Wie kann man dieses Vorurteil beseitigen? Was können wir tun?

Was braucht es, um 0m aus der Ecke zu holen und salonfähig zu machen? Eine provisorische Liste:

ad 1) Triebfahrzeuge: Das ist zur Zeit noch die große Schwachstelle der ganzen Initiative. Michael Schnellenkamps Hohenlimburger MV8 Diesellok steckt zwischen chinesischen Zahnrädern fest, Liefertermin ungewiss. Martin Zeunert wiederum hat zwar die V 52 im Angebot, führt sie aber wie Bückware, und die Hersteller hochkarätiger Messing-Kleinstserienmodelle vertreiben ihre minimale Produktion auf nicht öffentlichen Kanälen. Und Jaffas Versuche, möglichst schnell etwas Vorzeigbares und Brauchbares auf umgespurten Magic-Train-Fahrwerken zu präsentieren, stieß auf ungeahnte technische, organisatorische und kaufmännische Widerstände. Dann klemmte es auch noch bei dem für sein Straßenbahnmodell Tw 51 vorgesehenen Bachmann-Antrieb an der Beschaffung von Nachschub aus den USA und auch die Qualität dieser Antriebe entsprach nicht wirklich den Wünschen und Erwartungen.

Aber Jaffa wäre nicht Jaffa, wenn er sich davon abschrecken ließe. Im Gegenteil, er überwindet diese Probleme mit zunehmender Autonomie in allen Bereichen und macht sich von Zulieferern unabhängig. Und er kann heute versprechen, dass es zu Weihnachten (und gemeint ist Weihnachten 2020!) eine kleine Dampflokomotive geben wird, die RUR der Dürener Dampfstraßenbahn, deren Vorbild gerade völlig runderneuert aus England zurückgekehrt ist.

Und im nächsten Jahr kommt die knuffige Bn2t Nr. 10 der Mindener Kreisbahn auf die 0m-Gleise. Und für beide Lokomotiven gilt der unter 5) genannte Grundsatz: absolute Vorbild- und Spurweitentreue, keine Phantasieprodukte, kein free-lance, keine Spurweitenmogelei.

Natürlich kann es auf Dauer nicht bei so netten Zweiachsmaschinen bleiben. Deutsche Meterspur hat ja mehr zu bieten, von C über D und E bis hin zu BB und 1E1. Aber, wie lautet das Sprichwort: Kommt Zeit, kommt Lok.

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ad 2) Wagen: Hier sieht es bestens aus. Jaffa hat in kurzer Zeit vier Güterwagen und einen Personenwagen mit hervorragenden Laufeigenschaften entwickelt, wobei zumindest der Kessel- und der Steinkübelwagen zu großen Teil auf den 3D-Druckkünsten von Christian Sawade-Meyer beruhen. Mit diesen Bausätzen kommt man schon sehr weit, und weitere Modelle sind in Vorbereitung. Bei KS kann man die verkürzten Mosbach-Mudauer Umbauwagen in 0m bekommen. Und von Schnellenkamp kommt der lange geplante Rollwagen in wenigen Wochen. Und nicht vergessen darf man die privaten Entwicklungen von Detlef und Oliver Racky und Michael Carl, die Wagen der Plettenberger Kleinbahn als Bausätze in Lasercut bzw. Polystyrol-Frästechnik entwickelt haben und Jörn Struwe, der die Drehgestelle dazu hat.

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ad 3) Weichen und Gleise: Das vor einem Jahr noch schier unlösbar wirkende Problem ist „gegessen“, wie man so schön sagt. Von Schnelli gibt es Flexgleis und Weichen (obere Preislage) und von Herzynia Weichen in wesentlich niedrigerer Preislage, die in nahezu jeder gewünschten Form hergestellt werden können*. Jaffa bietet ein Selbstbaugleis mit Kleineisen an, bei dem man ohne Spurlehren immer die korrekte Spurweite erzeugt.

*Bezugsmöglichkeit auf Anfrage

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ad 4) Normradsätze: Hier liegt der Hauptfortschritt. Hätte ich einen Orden zu vergeben, würde ich ihn Michael Schnellenkamp umhängen für seine wunderbaren FREMO-Norm kompatiblen Radsätze mit Sternspeichen. Ohne sie wären auch Jaffas Wagenbausätze nicht möglich gewesen.

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ad 5) Vorbild- und Spurweitentreue: Ein wichtiges aber hehres Ziel, aber nach meinem Eindruck haben Nullemmer dies eh mehr in den Genen. Die Punkte 6 und 7 sind dafür Voraussetzung, aber da sorgt dieser Blog in einer nie da gewesenen Informationsdichte zu allem, was Meterspur ausmacht, für das Nötige. Außer den weit über dreihundert Journal-Einträgen gibt es 175 größere Beiträge und rund 1000 Abbildungen. Außerdem werde ich vermehrt entsprechende Artikel in der Zeitschrift Schmale Spuren publizieren und andere Autoren einladen, dies ebenfalls zu tun. Gleich in der Ausgabe 4/20 gehts los.

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Jaffa (rechts) und OOK treten auf Ausstellungen – hier auf der NuSSA 2020 – meist im Doppelpack mit ihrer Charme-Offensive* auf. OOK ist mit Jaffas Shop zwar nicht finanziell, wohl aber ideell verbunden. Sein profundes Fachwissen in Sachen Meterspur ist die Grundlage von Jaffas Entwicklungsarbeit, der Lohn besteht darin, dass Jaffa auch Fahrzeuge macht, die auf OOKs Braunlage – Andreasberger Eisenbahn eingesetzt werden können.
*Dank an AHB, der uns das Prädikat „Charme-Offensive“ in seinem Post vom 28. Januar 2020 im SNM-Forum verlieh.

Es hat nicht an düsteren Prognosen für unsere Bemühungen gemangelt, aber ich denke, Jaffa und ich, wir können für uns in Anspruch nehmen, nach einem Jahr „Charme-Offensive“ eine wesentlich vielseitigere und kreativere Landschaft in der Spur 0m vorzeigen zu können als seinerzeit Märklin nach einem Jahr 0e.

Hier eine unvollständige Übersicht:

Bei der Gründung des Blogs hatte ich gehofft, viel für die Entwicklung von 0m tun und viele Projekte anzustoßen zu können. Dass es so viel werden würde, wie es jetzt geworden ist, hätte ich mir nicht vorstellen können. Nur der Triebfahrzeugteil hinkt noch etwas hinterher. Aber sobald die in Entwicklung stehenden Triebfahrzeuge verfügbar sein werden, kann 0m voll durchstarten. Mal schauen, wo wir in einem Jahr stehen werden.

3 comments on 0m Blog feiert

  1. Herzlichen Dank Otto für deine grossartige Arbeit. Das schöne ist, dass deine vorbildlichen Unterlagen über einen interessanten vorbildgerechten Fahrbetrieb in jeder Spurweite angewendet werden können.

    Die Hohenplettenberger Kleinbahn zeigt uns doch wie mit wenig Fahrzeugen doch eine vorbildliche Anlage entstehen kann so richtig „zum die Seele baumeln zu lassen“

  2. Auch von meiner Seite, vielen Dank Otto.
    Der 0m-Blog gehört mittlerweile für mich, wie die tgl. Zeitung, zur Information, auf die ich nicht mehr verzichten möchte.
    Mach bitte weiter so 👍✌️

    Es grüßt
    Claus

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